Die Stanserhornbahn

 

Die Schöpfer der Stanserhornbahn, der Obwaldner Unternehmer Franz-Josef Bucher-Durrer aus Kerns und sein Geschäftspartner Josef Durrer-Gasser, erstellten bereits 1870 auf dem Bürgenstock hoch über dem Vierwaldstättersee den Urtyp des klassischen Berghotels, das sie 1888 vom See her mit einer elektrischen Standseilbahn erschlossen. Die fast vier Kilometer lange Seilbahn auf das Stanserhorn, deren Planung kurz nach Eröffnung der Bürgenstockbahn in Angriff genommen wurde, erforderte von den beiden Bergbahnpionieren ausgesprochen viel Phantasie. Um Kosten zu sparen, entwickelten sie ein Sicherheitskonzept mit einer neuartigen Zangenbremse, welche ohne die bisher übliche Zahnstange in der Gleismitte auskam. Da der Bau einer derart langen Standseilbahn technisch nicht ausführbar war, teilten sie die Strecke auf und planten drei voneinander unabhängige Bahnen mit gemeinsamen Umsteigestationen im Kälti und auf der Alp Blumatt. Wie bei der Bürgenstockbahn bereits erfolgreich eingesetzt, kam auch hier für alle drei Sektionen der elektrische Antrieb zur Anwendung. Allerdings verlangten die Behörden einen Reserve-Dampfantrieb in allen Maschinenhäusern, da das Vertrauen in die Elektrizität im Jahre 1893 anscheinend noch nicht allzu gross war. Den Strom lieferte ein eigenes Kraftwerk an der Engelbergeraa bei Buochs, das Bucher und Durrer bereits zur Speisung der Bürgenstockbahn erbaut hatten. Während das meterspurige Gleis der ersten Sektion eingeschottert werden konnte, musste auf den oberen, bis zu 63% steilen Abschnitten, ein gemauerter und besser verankerter Unterbau für die Schienen erstellt werden. Eine Steinbrücke auf der zweiten Sektion und ein 170m langer Tunnel auf der dritten Sektion waren die bedeutendsten Kunstbauten auf der Strecke. Die Ausführung des seilbahntechnischen Teils übernahm die Maschinenfabrik von Theodor Bell aus Kriens, die auch die neuartige Schienenzangenbremse von Bucher und Durrer in die Praxis umsetzte. Als Zubringer für die mit dem Schiff angereisten Touristen wurde im Jahre 1893 schliesslich noch in nur vier Monaten Bauzeit die elektrische Strassenbahn Stansstad - Stans erstellt, die jedoch bereits 1903 ihren Betrieb wieder einstellen musste, da sie von der 1898 eröffneten Stansstad-Engelberg-Bahn konkurrenziert wurde.

Mit den Bahnen wurde auch gleichzeitig das Hotel Stanserhorn-Kulm errichtet. Auf einem aus Bruchsteinquadern gemauerten, gegen Norden vier Stockwerke abfallenden wuchtigen Sockel kam der aus Holz gezimmerte Hotelbau zu stehen, der im ersten und im zweiten Obergeschoss insgesamt siebzig Fremdenbetten bot. Das Erdgeschoss diente der damals obligaten Table d' hôte mit hundert Plätzen für die Hotelgäste und daneben gab es auch ein "vorzügliches Restaurant II. Classe" für die zahlreich angereisten Tagestouristen. Im gemauerten Fundament befanden sich die Wirtschaftsräume und zuunterst das Portal zur Einfahrt in die Bahnstation. Dieses imposante Bauwerk prägte während fast achtzig Jahren die Silhouette des Stanserhorns, bis ein Brand in der Nacht zum Samstag 2./3. Oktober 1970 dem ganzen Vergnügen ein jähes Ende bereitete. Ursache war ein Blitzschlag, der bei der Station Blumatt in die 5,3 Kilovolt-Versorgungsleitung des Hotels eingeschlagen hatte, was zu einem Kurzschluss auf die Telefonleitung und schliesslich zum vernichtenden Grossfeuer geführt hatte. Ebenfalls zerstört wurde das an die Südseite des Hotels angebaute Maschinenhaus der Standseilbahn.

Nach einem provisorischen Wiederaufbau konnte der Bahnbetrieb bereits auf die neue Saison im Jahre 1971 wieder aufgenommen werden. Vier Jahre dauerte die Gnadenfrist der alten Stanserhornbahn, bis 1975 eine neue Luftseilbahn vom Kälti auf den Gipfel die Sektionen zwei und drei ersetzte. Pläne für eine Sanierung der Bahn entstanden bereits vor dem Hotelbrand, da die Konzession 1973 sowieso abgelaufen wäre. Von der einstigen 3-Sektionen-Bahn blieb somit nur die unterste zwischen Stans und dem Kälti im Ursprungszustand erhalten, welche von der Bahngesellschaft liebevoll gepflegt wird. Auf dem Fundament des ehemaligen Hotels entstand ein neues Bergrestaurant mit grosser Aussichtsterrasse, das 1976 eröffnet und im Jahre 2001 erweitert und modernisiert wurde.

Technische Daten der ehemaligen Standseilbahn:

 

 1. Sektion

Stans - Kälti

 2. Sektion

Kälti - Blumatt

 3. Sektion

Blumatt - Stanserhorn

 Erbaut durch  Th. Bell, Kriens  Th. Bell, Kriens  Th. Bell, Kriens
 Inbetriebnahme  23. Aug. 1893  23. Aug. 1893  23. Aug. 1893
 Betriebseinstellung  -  1. Okt. 1974  1. Okt. 1974
 Betriebslänge  1547,0 m  1089,5 m  1278,2 m
 Höhendifferenz  261,67 m  508,40 m  627,86 m
 Neigung minimal  12,72 %  40,00 %  40,00 %
 Neigung maximal  27,00 %  62,00 %  63,00 %
 Spurweite  1000 mm  1000 mm  1000 mm
 ø Zugseil  23 mm  32 mm  34 mm
 Wagen  2 à 40 Pers.  2 à 40 Pers.  2 à 40 Pers.
 Fahrgeschwindigkeit  3,0 m/sec.  1,7 m/sec.  1,7 m/sec.

Technische Daten der Luftseilbahn:

 Erbaut durch  Garaventa, Goldau
 Inbetriebnahme  1975
 Bahnlänge  2330 m
 Höhe Talstation Kälti  711 m.ü.M.
 Höhe Bergstation  1851 m.ü.M.
 Höhendifferenz  1140 m
 Anzahl Stützen  5
 Kabinen  2 à 40 Pers.
 Fahrzeit  8 Min.

 

Stanserhorn 1 1 Stanserhorn 2 2 Stanserhorn 3 3 Stanserhorn 4 4 Stanserhorn 5 5 Stanserhorn 6 6

Abb.1: Das aus der Gründungszeit stammende Stations- und Verwaltungsgebäude der Talstation in Stans. Abb.2: Die offene Einstiegstelle der Talstation mit dem Dach in "Laubsägebauweise". Abb. 3 - 6: Die Strecke der 1. Sektion führt in sanfter Steigung über Wiesen und Weiden zur Zwischenstation Kälti.

Stanserhorn 7 7 Stanserhorn 8 8 Stanserhorn 9 9 Stanserhorn 10 10 Stanserhorn 11 11

Abb.7: Zwischenstation Kälti mit dem Maschinenhaus und der Einfahrhalle. Ganz rechts (nicht sichtbar) befand sich die Einstiegstelle der ehemaligen 2. Sektion. Abb.8: Wagen in der Zwischenstation Kälti. Abb.9: Metallschild der System-Herkunft am Seilbahnwagen. Abb.10: Alte Zwischenstation Blumatt mit dem Maschinenhaus (Antriebsmaschine im innern immer noch vorhanden!) und der überdachten Umsteigestelle, die nun als Materiallager dient. Immer noch vorhanden ist ein vor sich hin rostendes Untergestell eines Wagens der 2. Sektion, das ebenfalls zur Holzablage benutzt wird. Ganz rechts sind die von Gras überwachsenen Schienen der 3. Sektion zu erkennen. Abb.11: Umsteigestation Blumatt mit der Luftseilbahn. Die Seilbahnstütze ist hier als Haltestelle ausgestaltet. In Bildmitte die Ortschaft Stansstad mit dem Vierwaldstättersee.

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Abb.12: Das noch vorhandene Wagen-Untergestell auf Blumatt. Gut sichtbar die Zangenbremsen beidseits des Rades. Abb.13: Überwucherte Ausweichstelle der 3. Sektion. Zwischen Blumatt und der Bergstation sind die Schienen fast auf der ganzen Länge noch vorhanden. Abb.14: Bild aus den 70er- Jahren mit einem Wagen auf der 3. Sektion kurz vor der Bergstation (Fotomontage?). Abb.15: Bergstation Stanserhorn. Das moderne Panoramarestaurant wurde auf den alten gemauerten Fundamenten des ehemaligen Hotels aufgebaut. Im Erdgeschoss war die Bergstation der Standseilbahn untergebracht, die Einfahrt dazu ist immer noch sichtbar. Abb.16: Blick von der Aussichtsterrasse in Richtung Norden. Die Überreste des Trassees der 3. Sektion sind noch deutlich zu erkennen.

Stanserhorn 17 17 Stanserhorn 18 18 Stanserhorn 19 19 Stanserhorn 20 20 Bucher Durrer 21 Patentschrift 22

Abb.17: Das monumentale Räderwerk des Antriebes der 3. Sektion, das als Denkmal an die frühen Bergbahn-Pioniere erinnert. Die Maschine steht immer noch auf den alten Fundamenten, dürfte sich aber früher kaum so farbenbfroh präsentiert haben. Das Gebäude, das die ganze Einrichtung schützte, brannte in der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober 1970 zusammen mit dem Hotel ab. Abb.18: Koloriertes Fotoplakat aus den 50er-Jahren, das das imposante Kulm-Hotel mit der Standseilbahn zeigt. Abb.19: Ein Bild aus den ersten Tagen der Stanserhornbahn: Bergwärts fahrender Wagen auf der dritten Sektion. Abb.20: Talstation in Stans um die Jahrhundertwende. Im Vordergrund ist ein Motorwagen der bereits 1903 wieder eingestellten Strassenbahn Stansstad - Stans zu erkennen. Der Schuppen am linken Bildrand diente als zweigleisiges Tramdepot. Abb.21: Die Schöpfer der Stanserhornbahn: Franz Josef Bucher-Durrer (1834 -1906) und Josef Durrer-Gasser (1841 -1919). Abb.22: Zeichnung aus der Patentschrift Nr. 1732, "Bremsvorrichtung für Drahtseilbahnen", vom 27. Dezember 1889 von Bucher und Durrer.

Fotos: 1-13, 15-17: C. Gentil, 14,18: Stanserhornbahn, 19: alte Postkarte, 20: Aus: C. Berger, Elektrische Strassenbahn Stansstad - Stans.

Abb.23: Funktionsweise der Zangenbremse System Bucher-Durrer:

Schema 23 (Bild: Hefti, Schienenseilbahnen der Welt)

Die Kraft des Zugseils greift an einem Winkelhebel an, der sich bei A am Anschlag befindet. Dieser Anschlag befindet sich auf einem Hebel, der neben dem Gegengewicht G auch die Schaltmuffe M trägt. Im normalen Betrieb halten sich Seilzug und Gegengewicht im Gleichgewicht. Fällt nun infolge Seilbruch der Seilzug weg, dreht sich unter dem Einfluss des Gegengewichtes die Welle samt der darauf befestigten Schaltmuffe, die ihrerseits durch eine eingefräste Spiralnut den Schalthebel S mittels eines Fingers bewegt. Dadurch wird die verschiebbare Hälfte der Klauenkupplung K auf der Wagenachse nach links verschoben und rastet in die lose Hälfte ein, so dass sich nun die ganze Kupplung mit der Achse dreht. Über die Rollenkette N wird die Drehbewegung auf die Welle übertragen, auf der die Muttern der Bremszangen sitzen. Durch das links- bzw. rechtsgängige Gewinde werden nun diese Muttern auseinandergetrieben und damit die Bremszangen seitlich gegen die Keilkopfschienen gepresst. Um die Bremskraft in Grenzen zu halten, erfolgt der Antrieb nicht direkt, sondern über die Rutschkupplung R. Neben der automatischen Bremsauslösung hat auch der Wagenführer die Möglichkeit, den Anschlag A über die Zugstange H zurückzuziehen und damit eine Bremsung auszulösen.

Weitere Infos zur Stanserhornbahn: http://www.stanserhorn.ch


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