Funiculaire Neuveville - St. Pierre (Fribourg)

 

Die Standseilbahn ("Funi") der Stadt Fribourg ist die letzte und einzige in der Schweiz, die noch mit Wasserballast betrieben wird! Am 22. April 1897 wurde eine Aktiengesellschaft gegründet mit dem Ziel, eine Drahtseilbahn zu bauen, welche die Unterstadt mit der Oberstadt verbinden sollte. Zur damaligen Zeit zählte Fribourg erst 16000 Einwohner, war aber nach der Gründung der Universität, des Elektrizitätswerkes und weiterer Gewerbebetriebe in voller Expansion begriffen. Das Wachsen der Oberstadt benachteiligte das Quartier Neuveille am Ufer der Saane, wo 3600 Menschen wohnten. Ausserdem hatten sich dort zahlreiche Industrie- und Gewerbebetriebe angesiedelt. Die Bauarbeiten an der Bahn dauerten von März bis Dezember 1898, die abschliessenden Prüfungsfahrten noch einen Monat länger, so dass der Bundesrat am 4. Februar 1899 die Betriebsbewilligung erteilen konnte. Die Baukosten beliefen sich auf knapp 140'000.- Fr. Schon wenige Jahre nach der Betriebseröffnung erwirtschaftete die Bahn Gewinne. 1965 kaufte die Stadt Fribourg die Mehrheit der Aktien auf und im Dezember 1977 fusionierte die Standseilbahn mit den städtischen Verkehrsbetrieben. Seit 1992 machte sich das hohe Alter der Bahn zunehmend bemerkbar, was mehrmals zu längeren Betriebsunterbrüchen führte. Anfang Oktober 1996 erlitt ein Wagen ein Achsbruch, so dass sich das Bundesamt für Verkehr veranlasst sah, eine Totalrevision anzuordnen. Das führte zu Überlegungen, die Anlage abzubrechen und die Passagiere auf die Buslinien zu verweisen. Dank dem massiven Widerstand innerhalb der Bevölkerung entschied der Verwaltungsrat der Verkehrsbetriebe, das Funi zu erhalten und gründlich überholen zu lassen. Wie schon der Bau wurde auch diese Revision von der Firma Von Roll ausgeführt. Dabei haben die Wagen wieder ihre ursprüngliche grüne Farbe zurückerhalten, nachdem sie während mehrerer Jahrzehnte rot angestrichen waren. Seit dem 3. Juli 1998, dem Tag der Betriebsaufnahme der restaurierten Bahn, gehört sie zum nationalen Kulturgut der Schweiz.

Das Wasserballast-Prinzip:

Wie bereits erwähnt, funktioniert das Funi von Fribourg nach dem Prinzip des Wasserübergewichtes. Trifft ein Wagen in der Bergstation ein, ergiessen sich nach dem Öffnen eines Schiebers ca. 2700 l filtriertes Abwasser aus der städtischen Kanalisation in den Wassertank, der unter dem Wagenboden zwischen den Achsen eingebaut ist. Gleichzeitig entleert der Wagen in der Talstation automatisch seinen Ballasttank, das Wasser fliesst zurück ins Kanalisationsnetz. Der obere Wagen wiegt jetzt soviel, dass er den unteren mühelos hinaufziehen kann, da die beiden Fahrzeuge durch ein Drahtseil miteinander verbunden sind, das in der Bergstation über eine Umlenkscheibe geführt wird. Mit einer Handbremsspindel, die über eine Bremswelle auf das Bremszahnrad wirkt, welches seinerseits in eine Riggenbach-Zahnstange in der Gleismitte eingreift, regulieren die Wagenführer die Fahrgeschwindigkeit. Im Falle eines Seilbruchs wirkt das System als selbsttätige Bremse: Eine Zentrifugalkupplung bewirkt bei Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit das Drehen der Hauptbremswelle und damit das Anziehen der Bremsen. In der Mitte der Strecke befindet sich die sog. Abt' sche Ausweiche, auf der sich die Wagen kreuzen. Mit seinem Abwasser-Antrieb ist das Funi von Fribourg wohl die ökologischste Seilbahn der Schweiz!

Technische Daten:

 Inbetriebnahme  04. Feb. 1899
 Erbaut durch  Giesserei Bern der L. von Roll' schen Eisenwerke
 Höhe Talstation  552,1 m
 Höhe Bergstation  608,5 m
 Höhendifferenz  56,4 m
 Bahnlänge  121 m
 Durchschn. Neigung  53,7 %
 Maximale Neigung  55,0 %
 Spurweite  1200 mm
 ø Zugseil  26 mm
 Wagen  2 à 20 Personen
 Fahrgeschwindigkeit  1,2 m/sec.
 Fahrzeit  2 Min.
 Förderleistung  240 Pers./h

 

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Abb.1: Talstation von der Strassenseite mit Blick auf die geradlinige Strecke. Abb.2: Abfahrbereiter Wagen in der Talstation. Abb.3: Blick von der Wagenplattform auf die Strecke. Links der Griff der Spindelbremse zur Geschwindigkeitsregulierung, rechts das Handrad für den Wasserschieber des Füllrohres. Abb.4-6: Die untere Hälfte der Strecke bis zur Ausweichstelle besteht aus einer Eisenbrücke mit zwei Pfeilern zur Abstützung. Gut sichtbar links unten am Wagen das Einfüllrohr für das Wasser.

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Abb.7-9: Wagen auf der Ausweichstelle. Abb.10: Von der Bergstation hat man einen guten Überblick über die gesamte Anlage. Abb.11+12: Wagen in der Bergstation.

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Abb.13: Gebäude der Bergstation von der Eingangsseite. Abb.14: Hinweistafeln auf die Gründung und Restaurierung der Bahn an der Bergstation.

Alle Fotos: C. Gentil


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